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Volker Wissing

Quelle: BMDV

Bundesminister Volker Wissing:

Ein fiktives Beispiel aus der Digitalstrategie der Bundesregierung: Ella möchte in Rostock Agrar- und Umweltwissenschaften studieren. Bevor es losgehen kann, hat sie noch einiges zu erledigen – WG-Zimmer finden, sich ummelden, ein Konto eröffnen, BAföG beantragen. Ist bei der Wohnungssuche vielleicht etwas Geduld nötig, lassen sich die anderen Dinge schnell und unkompliziert erledigen. Ella nutzt dafür ihre digitale Identität. Damit kann sie sich nicht nur ausweisen, sondern sämtliche Dokumente wie etwa Geburtsurkunde und Zeugnisse digital vorlegen. Das erspart Wege und beschleunigt Verfahren. Die gewonnene Zeit kann Ella nutzen, um sich auf das Studium vorzubereiten.

Dieses Beispiel zeigt, wie die Digitalisierung Leben und Alltag künftig erleichtert – eben auch, wenn es darum geht, Verwaltungsleistungen in Anspruch zu nehmen. Noch arbeiten Ämter und Behörden zu oft analog statt digital. Vieles läuft umständlich und langsam statt effizient und schnell. Wir sind dabei, das zu ändern. Dafür setzen wir auf das Zusammenspiel mit den anderen Ressorts sowie mit der GovTech-Szene, mit Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Gemeinsames Gestalten stärkt nicht nur Verständnis und Akzeptanz. Die unterschiedlichen Erfahrungen und Blickwinkel, die verschiedenen Ideen und Lösungen ergänzen sich auch gegenseitig und treiben voran. Außerdem erfahren wir durch den Austausch, wo und wie wir noch besser werden können. Denn klar ist, dass bei einer so komplexen Aufgabe wie der Digitalisierung des öffentlichen Sektors nicht alles sofort reibungslos funktionieren oder sogar fertig sein kann. Vielmehr ist der digitale Wandel ein dynamischer, kontinuierlicher und vor allem lernender Prozess.

Ein Schlüsselelement für den digitalen Staat ist die eID, die Online-Ausweisfunktion des Personalausweises. Sie muss noch bekannter, attraktiver und leichter nutzbar werden. In Abstimmung mit der Wirtschaft planen wir deshalb verschiedene Maßnahmen: von einem Vertriebs- und Marketingkonzept bis hin zu neuen Anwendungsfällen. Eine weitere zentrale Rolle spielt der Rechtsrahmen. Hier ist mit der Überarbeitung der europäischen eIDAS-Verordnung ein wichtiger Schritt gelungen. Sie bereitet den Weg zu einer europäischen ID Wallet – also zu einer Brieftasche, mit der EU-Bürger künftig ihre Identität überall in Europa digital und sicher nachweisen können. Das eID-System in Deutschland entwickeln wir dafür weiter und passen es an die EU-Vorgaben an.

Weiterentwickeln werden wir auch die Projekte der Digitalstrategie, die zu digitalen Verwaltungsverfahren beitragen. Zum Beispiel das digitale Antrags- und Beteiligungsportal für Verkehr und Offshore-Vorhaben. Wer Baurecht oder andere Genehmigungen für Bauvorhaben benötigt, kann sie darüber online einreichen. Als nächsten Schritt ermöglichen wir über das Portal auch die digitale Beteiligung der Öffentlichkeit bei Vorhaben des Bundes. Bürger, Unternehmen sowie Kommunen, Behörden oder Verbände können dann online Stellung beziehen und Einwendungen einreichen. In einer weiteren Entwicklungsstufe sollen die Genehmigungsbehörden die Unterlagen mithilfe eines digitalen Managementsystems in Echtzeit austauschen können. Das vereinfacht Prozesse, macht sie effizienter und sorgt für schnellere Ergebnisse.

Genau das erwarte ich auch vom Einsatz der Künstlichen Intelligenz (KI) in der Verwaltung. Innovative KI-Lösungen können etwa bei Routineaufgaben entlasten oder bei aufwendigen Aufgaben unterstützen, sei es beim Briefeschreiben, beim Bearbeiten von Dokumenten oder beim Auswerten von Berichten. Die freiwerdenden Ressourcen und Kapazitäten können dann für andere Aufgaben genutzt werden.

KI macht die öffentliche Verwaltung moderner und fitter. Das steht außer Frage. Aber klar ist auch, für den KI-Einsatz ist das Vertrauen der Menschen nötig. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass mit ihren Anliegen und Daten sicher umgegangen wird. Dafür muss etwa gewährleistet sein, dass KI-generierte Ergebnisse transparent und nachvollziehbar sind. Eine kluge Regulierung hilft dabei. Sie darf aber nicht ausbremsen und muss gerade mittelständischen Unternehmen und Start-ups genügend Raum für das Entwickeln von KI-Innovationen lassen. Dieser Spagat ist anspruchsvoll und nötig, damit Europa zu einem Vorreiter für vertrauenswürdige KI wird.

Quelle: Handelsblatt Journal, Februar 2024